Lexikon der Biologie: Blatt
Blatt, Folium, neben Sproßachse und Wurzel eines der drei Grundorgane der Sproßpflanzen (Kormophyten), das sich seitlich aus der Sproßachse ausgliedert. Im Verlaufe der Stammesgeschichte haben sich 2 Blattypen entwickelt ( vgl. Abb. ), das Mikrophyll und das Megaphyll (Makrophyll), das Mikrophyll bei den Bärlappen und Schachtelhalmen, das Megaphyll bei den Farnen i. e. S. und bei den Samenpflanzen (Bedecktsamer, Nacktsamer). Über die Entstehung dieser beiden Blattypen bestehen gut begründete Vorstellungen (Telomtheorie, Farnpflanzen III ). Das Blatt entwickelt sich dabei als Organ der Photosynthese und damit verbunden als Organ des Lichteinfangs (Licht), des Gasaustauschs und der kontrollierten Wasserdampfabgabe (Wasserabgabe, Wasserhaushalt). Diese Funktionen bedingen den flächigen und dünnen Bau des Blatts. Im Verlauf der Stammesgeschichte wurden die Sporangienstände (Sporangien) in den Blätterbereich einbezogen. Damit wurde die Ausbildung von Sporangien zur Aufgabe von Blättern, die dazu im weiteren Verlauf der Evolution eine weitgehende Spezialisierung erfuhren (Sporophylle), oder, wie bei den meisten Vertretern der Farnpflanzen i. e. S., ihre Photosynthese- und Ernährungsfunktion beibehielten (Trophosporophylle). In dem Reich der Organismen werden serial angeordnete und sich wiederholende Organe häufig im Zuge einer Funktionsaufteilung verschieden gestaltet. So ändert sich die Blattform in Anpassung an verschiedene Umweltbedingungen (Licht, Feuchtigkeit, Tierfraß, Wind) nicht nur von einer Pflanzenart zur anderen, sondern fast regelmäßig auch innerhalb eines einzelnen Individuums (Laubblätter, Staubblätter, Fruchtblätter, Blütenblätter und Kelchblätter, Niederblätter und Hochblätter usw.).
Bau des Blatts: Das Mikrophyll besitzt in der Regel nur ein, höchstens ein einmal gabelig geteiltes Leitbündel und ist heute auf wenige ursprüngliche Formen der Pteridophyten (Nackt- oder Urfarne, Bärlappe und Schachtelhalme) beschränkt. Die Blatt-Epidermis mit Spaltöffnungen umgibt bei den meisten Arten ein wenig differenziertes Parenchymgewebe (Grundgewebe), das das Leitbündel einschließt ( vgl. Abb. ). Nur in wenigen Fällen ist das Blattparenchym in ein palisaden- und schwammparenchymähnliches Gewebe differenziert. Das Mikrophyll hat im allgemeinen kleine Dimensionen, erreichte aber bei den Schuppenbäumen (Lepidodendren; Schuppenbaumgewächse) des Karbons eine Größe von bis zu 1 m Länge und 10 cm Breite. Seine Organisation blieb aber primitiv. Bei den Keilblattgewächsen (Sphenophyllaceae, einer Familie der Sphenophyllales, einer fossilen Ordnung der Schachtelhalme, Equisetatae), waren mehrere einfache Mikrophylle zu einem flächigen und mit vielen Gabelnerven versehenen Blatt verwachsen. Den Grundtyp des Megaphylls stellt das gefiederte Laubblatt dar. Alle anderen Blattformen lassen sich phylogenetisch und zum Teil fossil belegt von ihm ableiten. Äußerlich gliedert es sich in den Blattgrund, die Ansatzstelle des Laubblatts an der Sproßachse, den Blattstiel und die in diesem Fall in Teilflächen (Blattfiedern) aufgeteilte Blattspreite ( vgl. Abb. ). Der Blattgrund ist häufig nur eine gegenüber dem Blattstiel etwas erweiterte Ansatzzone zur Sproßachse. Er kann aber auch an seinen Rändern zu basalen Blattanhängen, den Nebenblättern, auswachsen, die besser Stipeln genannt werden, da sie bei weitem nicht immer laubartig, sondern auch als Schuppen, Dornen oder Drüsen ausgebildet werden. Die Stipeln setzen nicht nur seitlich an (Lateralstipeln), sondern vereinigen sich bei einigen Dikotyledonengruppen (Zweikeimblättrige Pflanzen) in der Mediane (Axillarstipeln oder Medianstipeln) zu zungen-, kapuzen- oder manschettenförmigen Gebilden. Der Blattgrund kann aber auch als verdicktes Blattpolster oder Blattgelenk (Blattkissen) entwickelt sein und bei Blattbewegungen mitwirken. Häufiger ist er stark verlängert und umhüllt als Blattscheide schützend die zugehörige Achselknospe, die interkalare Wachstumszone (interkalares Wachstum) des nächst höheren Stengelabschnitts (z. B. bei den Süßgräsern) oder sogar die gesamte Gipfel- oder Endknospe (z. B. bei einigen Schirmblütlern). Der Blattstiel bringt die Blattspreite weg vom Stengel in eine günstige Stellung zum Licht. Seine meist zahlreichen Leitbündel, die die Blattspreite mit dem Leitbündelsystem der Sproßachse verbinden, sind im Querschnitt auf einem Kreis oder auf einem nach oben geöffneten Bogen angeordnet. Bei einigen Pflanzenarten ist der Blattstiel flächig vergrößert und übernimmt als Blattstielblatt oder Phyllodie (Phyllodium) die Aufgaben der Blattspreite, die selbst entweder reduziert ist (z. B. Arten der Akazie und des Wegerichs; Wegerichgewächse) oder wie bei der Venusfliegenfalle als Insektenfalle andere Spezialaufgaben übernommen hat. Bei einer Reihe von Pflanzenarten und -gruppen fehlt ein Blattstiel, so bei vielen Monokotyledonen (Einkeimblättrige Pflanzen) und Nadelhölzern(sitzende Blätter). Die Blattspreite (Lamina) ist von einem Leitbündelsystem durchzogen, das bei den Farnen i. e. S. und bei den Dikotyledonen in der Regel netzartig verzweigt ist und bei den Monokotyledonen im allgemeinen parallel oder streifig angeordnet vorliegt. Die Nadelblätter der Nadelhölzer sind grundsätzlich dichotom-parallelnervig und besitzen meist zwei Leitbündel ( Blatt II ). Die Leitungsbahnen im Blatt werden auch Blattadern oder nur Adern genannt. Sie sind unterschiedlich kräftig ausgebildet, und gewöhnlich springen die starken Adern an der Blattunterseite leistenartig vor, weshalb sie auch als Blattrippen bezeichnet werden. Der in der Mediane der Spreite verlaufende Leitbündelstrang ist meistens besonders kräftig und heißt Mittelrippe oder Hauptrippe, bei gefiederten Blättern Spindel oder Rhachis. Der innere Feinbau der Blattspreite läßt sich am besten am Blattquerschnitt erläutern ( vgl. Abb. S. 1; räumliches Blockdiagramm: Blatt I ). Die obere Epidermis mit verhältnismäßig dicken Außenwänden und dünn aufgelagerter Schicht aus Cutin, die Cuticula, geht am Blattrand in die untere Epidermis mit weniger dicken Außenwänden und dünnerer Cuticula über. In der Regel liegen nur in der unteren Epidermis die Spaltöffnungen (Stomata, vgl. Abb. ; Ausnahmen vgl. Tab. ). Zwei chloroplastenhaltige Schließzellen regulieren die Öffnungsweite der Spaltöffnungen. Die obere und untere Epidermis umschließen den parenchymatischen Gewebekomplex, das Mesophyll des Blatts, mit den darin eingebetteten Leitungsbahnen. Im typischen Fall ist das Mesophyll in ein ein- bis zweischichtiges Palisadenparenchym aus langgestreckten und chloroplastenreichen (Chloroplasten) Zellen und in ein lockeres Schwammparenchym aus vorwiegend unregelmäßig gestalteten, chloroplastenärmeren Zellen differenziert. Im Palisadenparenchym sind parallel zur Längsausdehnung der Zellen größere Interzellularräume (Interzellularen) ausgebildet, die sich an das umfangreiche Interzellularraumsystem des Schwammparenchyms anschließen. Über die Spaltöffnungen steht dieser Gasraum mit der Außenluft in Verbindung. Neben dem typischen dorsiventral oder bifazial organisierten Spreitenbau sind die Blätter vieler stark besonnter oder auf trockenen Standorten lebender Pflanzenarten, aber auch die Nadelblätter der Nadelhölzer und die Blätter vieler untergetaucht lebender Wasserpflanzenäquifazial gebaut, d. h., bis auf die Leitbündel sind Ober- und Unterseite im Querschnitt gleich. Eine Sonderung in ein Palisaden- und Schwammparenchym ist undeutlich oder fehlt ( Blatt I ). Daneben gibt es noch das invers bifaziale und das unifaziale (unifazial) Blatt. Bei letzterem entsteht die Blattspreite nur aus der Unterseite der Blattanlage. Der Leitbündelbau im Blatt entspricht dem des Stengels. Betrachtet man das Blatt als seitliche Ausstülpung der Sproßachse, so liegt entsprechend dem Innen und Außen bei der Achse der Holzteil (Xylem) oben und der Siebteil (Phloem) unten. In der Regel sind die Blattleitbündel kollateral geschlossen, d. h., Sieb- und Holzteil liegen ohne Trennung durch ein Kambium eng aneinander. Allerdings sind sie lückenlos von einer parenchymatischen Scheide umgeben. Die größeren Leitbündel sind zudem mit Sklerenchymscheiden (Festigungsgewebe) versehen, deren Fasern bei manchen Pflanzenarten genutzt werden (Faserpflanzen, Pflanzenfasern, Blattfasern). In dem Maße, wie sich die Adern in der Blattspreite mehr und mehr verzweigen, vereinfacht sich ihr Bau. Eine Reihe von Pflanzenarten zeigt an ihren Blättern Auswüchse. Lassen diese sich aus Epidermiszellen ableiten, so sind es Haarbildungen (Haare), die als tote Gebilde windstille Räume zum Transpirationsschutz (Transpiration) schaffen oder als lebende Strukturen z. B. Drüsenhaare (Drüsenhaar) bilden. Emergenzen (Emergenztheorie) gehen aus der Epidermis und darunter liegendem Parenchymgewebe hervor und sind oft kompliziert gebaute Strukturen, wie das Postament der Brennhaare der Brennessel, die Tentakel des Sonnentaus oder Stacheln ( Blatt II ).
Ontogenetische Entwicklung des Blatts: Die junge Blattanlage (Blattprimordium) am Vegetationskegel ist zunächst ein ungegliederter Höcker oder Wulst ( vgl. Abb. ). Schon sehr früh gliedert sie sich in eine Oberblatt- und eine Unterblatt-Anlage. Aus dem Oberblatt entwickeln sich die Blattspreite und der Blattstiel, aus dem Unterblatt der Blattgrund mit den Stipeln. Die Vergrößerung des Oberblatts erfolgt nur kurze Zeit durch ein Spitzenwachstum (akroplastes Wachstum; akroplast). Bis auf die Farnpflanzen und die Cycadeen (Cycadales) und einige wenige Samenpflanzen, bei denen die Blätter rein akroplast wachsen, erlischt die Tätigkeit des Spitzenmeristems sehr schnell, und eine basale oder eine bis mehrere interkalare Meristemzonen werden tätig (basiplastes Wachstum; basiplast). Das Breitenwachstum der Blattspreite geht von dem Randmeristem oder Marginalmeristem aus, das bei den meisten Pflanzengruppen aus subepidermalen, bei den Farnpflanzen und den Gräsern oberflächig liegenden Randzellen besteht. Zellteilungen in der Blattfläche ergänzen oft dieses Randwachstum der Spreite. Bei gefiederten, gefingerten oder gelappten Blattspreiten ist das Randwachstum ungleichmäßig, d. h., bestimmte Zonen bleiben gegenüber stark wachsenden schon sehr früh zurück. Auch der häufig unregelmäßige Blattrand entsteht durch unterschiedlich langandauerndes Wachstum der einzelnen Blattrandbereiche. Durch diese unterschiedliche Wachstumsaktivität entstehen die verschiedenen Blattformen.
Blattformen ( Blatt III ): Die Form der Blätter ist sehr variabel, doch kann die Vielfalt der Ausbildungen auf zwei Grundtypen zurückgeführt werden: das einfache (ungeteilte) und das zusammengesetzte (geteilte). Beim einfachen Blatt ( vgl. Abb. ) besteht die Spreite (Blattspreite) aus nur einer Fläche und ist nicht oder nur bis kurz vor die Mittelrippe in Spreitenabschnitte geteilt; beim zusammengesetzten Blatt ( vgl. Abb. ) ist sie in völlig voneinander getrennte, selbständige Blättchen aufgelöst.
Die wichtigsten Merkmale bei der weiteren Klassifizierung der Blattformen beziehen sich auf den Umriß der Blattspreite, die Anordnung der Spreitenabschnitte und Blättchen, auf den Spreitengrund, die Ausformung von Blattspitze und Blattrand und auf die Nervatur. – Die Blattspreite ( vgl. Abb. ) ist linealisch (lineal), wenn sie bei parallelen Rändern mindestens 7mal länger als breit ist, ansonsten ist sie länglich; nadelförmig, wenn sie gleichzeitig starr ist und manchmal eine feste Spitze besitzt; pfriemlich, wenn sie starr ist und aus breitem Grund nach oben spitz zuläuft; borstlich bei sehr langem, schmalem und steifem Blatt; lanzettlich, wenn das längliche Blatt in der Mitte am breitesten und nach oben und unten bogig verschmälert ist; sichelförmig bei an eine Sichel erinnerndem Umriß; eilanzettlich bei lanzettlichem Blatt, das jedoch unter der Mitte am breitesten ist; elliptisch (oval), wenn das Blatt 1,5- bis 2mal so lang wie breit und in der Mitte am breitesten ist; eiförmig, wenn es bei gleichem Seitenverhältnis unterhalb der Mitte, bei verkehrteiförmig oberhalb der Mitte am breitesten ist; keilförmig bei der größten Breite an der Spitze und sich gerade nach unten verschmälernder Spreite; spatelig (spatelförmig) bei abgerundeter Spitze, größter Breite im oberen Drittel und Verschmälerung zum Grunde hin mit konkaven Rändern; spießförmig, wenn die schmale Spreite zum Grund hin zwei horizontal abstehende Seitenlappen besitzt; pfeilförmig, wenn die Seitenlappen der schmal dreieckigen Spreite rückwärts gerichtet sind; dreieckig bei größter Breite am Grund und nach oben hin geradliniger Verschmälerung; rautenförmig (rhombisch), wenn der Umriß einem auf der Spitze stehenden Rechteck ähnelt; herzförmig mit einer Herzbucht am Grund; nierenförmig bei rundlichem oder quer-ovalem Umriß mit buchtigen Einschnitten am Grund; kreisrund bei kreisförmiger Gestalt; unsymmetrisch, wenn der Umriß keine Symmetrieebene zeigt. – Ein einfaches Blatt kann ganz sein oder aber durch tiefere Einschnitte in Spreitenabschnitte gegliedert sein: es ist gelappt, wenn die Einschnitte bis in das obere Drittel der Spreite reichen, gespalten, wenn die Einschnitte sich ungefähr bis zur Mitte erstrecken ( vgl. Abb. ), und geteilt, wenn sie mindestens bis zum unteren Drittel reichen. Gehen die Einschnitte noch tiefer, so ist es geschnitten. Bei der Anordnung der Spreitenabschnitte bzw. der Blättchen unterscheidet man zwei Formen. Beim handförmigen oder fingerförmigen Typ sind die Blattglieder strahlenförmig um das Ende des Blattstiels angeordnet; beim fiederförmigen Typ, dem Fiederblatt, sind die Spreitenteile (Fiedern) entlang der Spindel zweireihig angeordnet (bei den zusammengesetzten Blättern heißen die Blättchen dann Blattfieder oder Fiederblättchen). Entsprechend der Tiefe der Einschnitte gibt es damit z. B. fiederspaltige und fiederteilige Blätter. Schrotsägeförmig sind fiederlappige bis fiederteilige Blätter, deren dreieckige, zugespitzte Spreitenabschnitte zum Spreitengrund gerichtet sind. Bei leierförmigen Blättern ist der Endabschnitt der fiederlappigen bis fiederschnittigen Spreite vergrößert. – Je nach der Anzahl der Blättchen unterscheidet man bei den zusammengesetzten Blättern unter anderem dreizählige, fünfzählige und siebenzählige Blätter ( vgl. Abb. ). Bei fußförmigen Blättern entspringen die Blättchen einer verbreiterten Basis. Am Ende paarig gefiederter Blätter findet sich eine kurze Spitze oder eine Ranke, an dem unpaarig gefiederter Blätter ein Endfiederblättchen. Abwechselnd gefiedert sind Blätter mit unregelmäßig zweizeiliger Anordnung der Fiederblättchen. Bei ungleich gefiederten oder unterbrochen gefiederten Blättern sind die Fiederblättchen unterschiedlich groß und regelmäßig oder unregelmäßig angeordnet; doppelt oder mehrfach gefiedert sind Fiedern, die wiederum gefiedert sind (diese Spreitenteile heißen dann Fiederchen oder Fiedern 2., 3. usw. Ordnung). – Bei der Anfügung der Blätter an die Sproßachse kann man dem Normaltyp des gestielten Blatts das sitzende Blatt ohne Blattstiel gegenüberstellen ( vgl. Abb. ). Beim stengelumfassenden Blatt reicht der Spreitengrund fast ganz um die Sproßachse; beim durchwachsenen Blatt ist er ganz um den Stengel herum verwachsen. Das verwachsene Blatt besteht aus mindestens zwei, im unteren Teil mehr oder weniger stark miteinander verbundenen Blättern. – Bei den Formen der Blattspitze ( vgl. Abb. ) spricht man von stumpfer Spitze, bei der die Spreitenränder in stumpfem Winkel zusammenlaufen. Stoßen die geraden Spreitenränder spitzwinklig zusammen, nennt man das Blatt spitz; sind Ränder gegen die Blattspitze konkav, so ist das Blatt zugespitzt. Bespitzte Blätter besitzen eine von der Spreite abgesetzte Spitze. Ist die Spitze konvex-bogig und ohne Winkel, ist das Blatt abgerundet. Ein gestutztes Blatt ist an der Spitze durch eine Querlinie begrenzt; ein ausgerandetes Blatt besitzt an der Spitze eine kleine Einkerbung. – Beim Blattrand unterscheidet man außer dem einfachsten Fall des ganzrandigen, d. h. einen glatten Rand besitzenden Typs drei Grundformen ( vgl. Abb. ): der Spreitenrand ist gesägt, wenn zwischen den spitzen Vorsprüngen (Sägezähnen) spitze Einschnitte liegen; er ist gezähnt, wenn zwischen den spitzen Vorsprüngen (Zähnen) abgerundete Einschnitte liegen. Beim gekerbten Blattrand wechseln abgerundete Vorsprünge (Kerbzähne) mit spitzen Einschnitten ab. Bei doppelt gesägten, gezähnten oder gekerbten Blättern sind die Zähne von weiteren kleineren Zähnen umgeben. Dornig gezähnte Blätter besitzen derbe, unregelmäßig angeordnete Zähne. Der Blattrand ist geschweift (ausgeschweift), wenn zugespitzte Vorsprünge durch weitbogige Einschnitte verbunden sind; sind die Vorsprünge abgerundet, ist das Blatt buchtig. – Bei der Blattnervatur ( vgl. Abb. ) gibt es streifennervige Formen, bei denen mehrere, gleich starke Nerven vom Spreitengrund bis zur Spitze hin verlaufen. Sind die Nerven längsgerichtet, ist die Nervatur parallelnervig; verlaufen sie bogenförmig, ist das Blatt bogennervig. Ein fiedernerviges Blatt besitzt einen stärkeren Hauptnerv und zweireihig abgehende Seitennerven. Sind die Seitennerven durch dünnere Seitennerven höherer Ordnung miteinander verbunden, spricht man von einem netznervigen Blatt. Beim handnervigen oder fingernervigen Blatt gibt es mehrere am Spreitengrund entspringende Haupt- oder starke Seitennerven. – Das Nadelblatt der Nadelhölzer scheint auf den ersten Blick ein Mikrophyll zu sein, doch belegen Fossilfunde, daß es sich von größeren, gabelig geteilten Blättern mit Gabelnervatur durch Reduktion ableitet. Die kleinflächige Nadelform ist eine Anpassung an das trockenere Klima der Neuzeit und an das ererbte, weniger gut leitende Holz aus engen Tracheiden.
Blattfolge: Die ersten Blätter einer Sproßpflanze sind die Keimblätter (Kotyledonen), die schon am Embryo angelegt sind. Bei den Gymnospermen (Nacktsamer) finden wir häufig mehrere, bei den dikotylen Angiospermen (Bedecktsamer) 2 und bei den monokotylen Angiospermen 1 Keimblatt ( Bedecktsamer II ). Die Keimblätter sind in der Regel einfacher gebaut als die Laubblätter und werden normalerweise bald abgeworfen. Den Keimblättern folgen dann die Laubblätter, die häufig alle gleich gestaltet sind. Jedoch gibt es nicht wenige Fälle, in denen die ersten Laubblätter anders, meist einfacher gestaltet sind als die später ausgebildeten Laubblätter. Erstere heißen dann Primärblätter und bei sehr stark abweichender Gestalt Niederblätter, letztere Folgeblätter. Erfolgt die Ausbildung der vollen Blattform recht spät, so spricht man von Jugendblättern und Altersblättern. Den Laubblättern können sich als Überleitung zu den Blüten wiederum anders gestaltete Hochblätter anschließen. In diesen Zusammenhang sind auch die Knospenschuppen einzuordnen. Dagegen haben Anisophyllie und Heterophyllie nichts mit der Blattfolge zu tun.
Metamorphosen des Blatts ( vgl. Abb. ): In zahlreichen Fällen ist das Blatt sowohl in seiner äußeren Gestalt als auch im anatomischen Feinbau derart durchgreifend abgewandelt, daß es nicht sofort als Blatt zu erkennen ist ( Blatt IV ). Nur die Homologiekriterien (Homologie) bei einer vergleichenden Betrachtung lassen die derart umgewandelten Strukturen als Metamorphosen (Metamorphose) von Blättern oder Blatteilen erkennen. Der Strukturwandel ist natürlich von einem nicht minderen Funktionswandel begleitet. So sind Blätter oder auch Nebenblätter häufiger zu Dornen geworden (Kakteengewächse, Robinie). Bei einigen Kletterpflanzen (Lianen) beobachtet man die Umwandlung von Blättern oder Blatteilen in Ranken (Erbse). Bei vielen Monokotylen sind sie zu Speicherorganen verändert (Zwiebeln;Zwiebel). Andere Beispiele sind die zu Insektenfallen abgewandelten Blätter vieler carnivorer Pflanzen oder die zu trockenhäutigen Schuppen umgebildeten Knospenschuppen. Auch die Blütenorgane (Blüte) besonders der Angiospermen, die Kelchblätter, Blütenkronblätter, Staubblätter und Fruchtblätter, sind hier einzuordnen. Äquidistanzregel, Assimilattransport, Belaubung, Blattfall, Blattfarbstoffe, Blattflächenindex, Blattskelett, Blattstellung, Blattsukkulenz, Braun (A.H.), Entlaubung, Funktionserweiterung, Gelenk, Goethe (J.W. von), Homonomie, Keimung, Kork, Kormus, Laubblatt, Lichtblätter, Lichtschutzmechanismen, Morphosen, Phototropismus, Rauchgasschäden, Rippen, Samen, Schimper (K.F.), Überwinterung, Variationsbewegungen; Wasserhaushalt der Pflanze.
H.L./A.Se.
Blatt Blattgliederung in Blattgrund, Blattstiel und Blattspreite |
Blatt Formen der Blattspreite bei einfachen Blättern: a linealisch (lineal), b nadelförmig, c pfriemlich, d borstlich, e lanzettlich (länglich), f sichelförmig, g eilanzettlich, h elliptisch (oval), i verkehrteiförmig, k keilförmig, l spatelig, m spießförmig, n pfeilförmig, o dreieckig, p rautenförmig, q herzförmig, r nierenförmig, s kreisrund, t unsymmetrisch |
Blatt
Blattgrößen einiger Pflanzenarten
Die Arten sind nach der Größe ihrer gesamten exponierten Blattfläche geordnet. Diese berechnet sich bei flächigen Blättern aus der Anzahl der Blätter und der Summe der Flächen von Blattober- und Blattunterseite. Falls kein Größenintervall angegeben ist, stellen die Werte mittlere Blattflächen für das untersuchte Individuum dar. Die mit (*) gekennzeichneten Werte wurden aus den vorhandenen Angaben berechnet. – Besonders große ungeteilte Einzelblätter besitzen Musa × paradisiaca und Alocasia macrorrhiza.
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Krautige Arten | |||||
Triticum aestivum (Weizen) | 92–130 | 5 | 18–26* | – | |
Cucumis sativus (Gurke) | 360–2200 | – | ca. 60 | – | |
Helianthus annuus (Sonnenblume) | 4520 | 59 | 76 | – | |
Vitis vinifera (Weinrebe) | 8000–9800 | 32 | 250–300 | – | |
Zea mays (Mais) | 15 800 | – | 1200–2640 | – | |
Solanum tuberosum (Kartoffelpflanze) | 35 600 | – | – | – | |
Musa × paradisiaca (Banane) | – | – | 5400–10 400 | – | |
Alocasia macrorrhiza | – | – | 31 700 | Länge: 3,02 m Breite: 1,92 m | |
Gehölze | |||||
Acer pseudoplatanus (Berg-Ahorn) | 30 000 | 300 | 100* | Höhe: 2,5 m | |
Acer platanoides (Spitz-Ahorn) | 60 000 | 900 | 66,6* | Höhe: 2,5 m | |
Fraxinus excelsior (Gemeine Esche) | 70 000 600 000 | 500 | 140* | Höhe: 3 m Höhe: 15 m Alter: 27 Jahre | |
Alnus glutinosa (Schwarz-Erle) | 80 000 | 2500 | 32* | Höhe: 2,5 m | |
Salix alba (Silber-Weide) | 100 000 | – | – | Höhe: 3,5 m | |
Malus sylvestris (Apfelbaum) | 636 000 | 20 000 | 32* | Alter: 9 Jahre | |
Quercus petraea (Stein-Eiche) | 900 000 | – | – | Höhe: 12 m Alter: 25 Jahre | |
Fagus spec. (Buche) | 1 561 000 8 920 000 | 35 000 200 000 | ca. 44 ca. 44 | Wald offenes Feld | |
Fagus sylvatica (Rot-Buche) | 1 000 000 | – | – | Höhe: 12 m Alter: 27 Jahre | |
Betula pendula (Hänge-Birke) | 1 150 000 | – | – | Höhe: 12 m Alter: 28 Jahre | |
Alnus incana (Grau-Erle) | 1 160 000 | – | – | Höhe: 11 m Alter: 19 Jahre | |
Populus × canadensis (Kanadische Pappel) | 1 350 000 | – | – | Höhe: 13 m Alter: 18 Jahre | |
Pseudotsuga menziesii (Küsten-Douglasie) | 4 000 000 | – | – | Höhe: 28 m Alter: 45 Jahre |
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Blatt Blattmetamorphosen Beispiele für Blattranken, Blattdornen, Zwiebeln: 1 Blattranke der Erbse. 2 Blattdorn bei Citrus trifoliata. 3, 4 Zwiebeln: Zwiebeln als Speicherorgane von Stauden sind weit verbreitet, vor allem bei den Einkeimblättrigen, z. B. bei vielen Liliengewächsen (Liliaceae). Zwiebeln sind gestauchte Sproßachsen, bei denen durch starkes primäres Dickenwachstum die Achse zum breiten Zwiebelboden (Zwiebelscheibe) wird, von dem nach oben die Blätter, nach unten die sproßbürtigen Wurzeln ausgehen. Bei den Schuppenzwiebeln, z. B. beim Türkenbund (Lilium martagon), sind die Blätter als fleischige Niederblätter differenziert. Bei den Schalenzwiebeln dagegen, z. B. bei 3 Tulpe (Tulipa) und 4 Küchenzwiebel (Allium cepa), greifen die dem Unterblatt entsprechenden und als Speicherorgane dienenden Teile der Blätter schalenförmig ineinander. Das Oberblatt dieser Blätter bildet eine grüne, assimilierende Spreite, die am Ende der Vegetationsperiode abstirbt. Tochterzwiebeln, wie z. B. beim Knoblauch (Allium sativum), entstehen durch Austreiben der Achselknospen der unteren Blätter. |
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